Beschreibung
Der 1942 entstandene Roman „Die Glut“ des zwischenzeitlich völlig in Vergessenheit geratenen ungarischen Schriftstellers Sandór Márai entwickelte sich bei seiner Neuauflage in deutscher Sprache zu einem der größten – und überraschendsten – Publikumserfolge der vergangenen Jahre. Was aber ist so faszinierend daran, wenn sich zwei alte Männer nach einundvierzig Jahren und dreiundvierzig Tagen wiedersehen, um eine ganze Nacht lang den Fragen nach Leidenschaft und Verrat, Wahrheit und Lüge auf den Grund zu gehen? Die Entstehungszeit des Romans liegt, ebenso wie seine Erzählzeit, mitten in den Schrecknissen und Wirren des Zweiten Weltkriegs. Doch nirgends wird das äußere Geschehen auch nur mit einem Wort erwähnt, denn was sich dort draußen abspielt, interessiert die Jugendfreunde Henrik und Konrád nicht mehr. Ihr ungelöster Konflikt stammt aus einer Zeit weit jenseits dieses Krieges, als völlig andere Ehr- und Moralbegriffe galten, als ein Blick und eine Geste eine ganze Existenz beeinflussen und die Weichen für das gesamte Leben stellen konnten. Der Autor versetzt die Leserinnen und Leser zurück in die poetisch-melancholische Atmosphäre kurz vor dem Zerfall des k.u.k.-Reiches Österreich-Ungarn. Zwischen Henrik, dem reichen Schlossbesitzer, und Konrád, seinem Freund seit frühester Jugendzeit, steht Krisztina, Henriks schöne junge Frau. Nach einem denkwürdigen Jagdausflug trennen sich alle Wege, und einundvierzig Jahre und dreiundvierzig Tage später bleibt den Jugendfreunden eine einzige Nacht, um alle offenen Fragen zu klären. Genau aus der Diskrepanz zwischen der verträumten, rückwärtsgewandten Innenwelt der beiden alten Männer, die ganz der Vergangenheit verhaftet bleiben, und der seltsam entrückten Gegenwart, der zu keinem Zeitpunkt Einlass in Henriks abgelegenes Jagdschloss gewährt wird, bezieht der Roman seine erzählerische Sogwirkung und sein hohes Maß an poetischer Spannung.